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Loslassen

  • tanja0563
  • 11. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Es mag auch an den Medikamenten liegen, die ich nehme (Fentanyl, Pregabalin): Abschieds-Schmerz habe ich heute jedenfalls nicht empfunden, als wir Emilia zum Flughafen gebracht und nach Málaga haben fliegen lassen. Ich freu mich einfach riesig für sie auf dieses Abenteuer.


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Ok, ich gebe zu, dass mir ganz unvermittelt die Tränen kamen und ich richtig schluchzen und heulen musste, als ich später am Nachmittag einen Mann mit einem Baby in einem Ergo-Carrier sah. Da warf es mich sechzehn Jahre zurück, als Emilia noch mein/unser Baby war....


Da war ich gerade auf dem Heimweg vom Schreib-Lust-Kurs. Heute war es wieder sehr nett. Und wieder will ich Dir eine kleine Kostprobe geben- wobei die diesmal etwas länger ist als die Elfchen-Symphonie letzte Woche. Heute sollte jede/r von uns einen Krimi schreiben! Das hat soo viel Spaß gemacht!


Morden im Norden: Wut und Flut


Ingeborg presste das Gesicht ins Kissen, als die Tränen ihr in die Augen schossen. Schon wieder war ihr Mann Piet mit den matschigen Stiefeln durch die frisch gebonerte Diele gestrumpelt, laut polternd und vor sich hin grölend.


Dabei hatte er doch fest versprochen gehabt, an diesem Freitag mit ihr zu Abend zu essen, eine Runde Top-Rummy zu spielen und auf keinen Fall in die Kneipe zu gehen. Wieso war sie so naiv und glaubte ihm immer wieder, wenn er versprach, sich zu bessern, mit dem Saufen aufzuhören und der Mann zu sein, den sie vor 40 Jahren geheiratet hatte?


Als nach viel Getöse Piet irgendwann neben ihr zur Ruhe kam und seelenruhig anfing zu schnarchen, lag Ingeborg hellwach da, starrte wutentbrannt und schlaflos in die Dunkelheit und lausche dem wilden Rauschen der Brandung.


Kommissar Paulsen zog das getippte Blatt aus der Schreibmaschine. "Viel ist das ja nicht, Ingeborg, aber wir haben die Vermisstenanzeige nun aufgenommen. Tut mir sehr leid um deinen Piet. Aber hoffen wir mal, dass er bald gesund und munter wieder auftaucht."


Ingeborg zog die schwarze Strickjacke fest um sich und schaute Kommissar Paulsen nachdenklich an und schwieg. Es waren nun schon drei Tage, die Piet spurlos verschwunden war.

Am Samstagabend, als Piet wieder betrunken nach Hause gekommen war, hatte sie ihn nochmal losgeschickt, um auf den Sandbänken nach dem Rechten zu sehen. Sowohl die Seehunde als auch die Grauband -Möwen hatten Nachwuchs. Und mit dem örtlichen Naturschützern vom NABU war vereinbart, dass Piet regelmäßig kontrollierte, dass genug Wasser und Futter für die Tiere zur Verfügung stand.


Diese Aufgabe war recht anspruchsvoll, weil man die Gezeiten gut kennen musste, um sicher durch das Watt zu den Sandbänken und auch wieder zurück zu gelangen. Eigentlich ging Piet nicht gern nachts, aber am Samstag war nun mal nachts Ebbe gewesen. Sie hatte ihm die große Taschenlampe mitgeben wollen, aber er hatte großkotzig abgewunken: "die brauche ich nicht. Es ist doch Vollmond." Er warf noch einen Blick auf die Küchenuhr. Doch, das würde er gut schaffen vor der Flut. So hatte Ingeborg ihren Piet ziehen lassen und seitdem nichts mehr von ihm gesehen oder gehört.

Am vierten Tag kam Kommissar Pausen persönlich zu ihrem reetgedeckten Haus am Strand. Mit hängenden Schultern trat er in die Stube, nachdem er die Polizeimütze abgenommen hatte und in den Händen knetete. Schlechte Nachrichten hatte er nicht, aber gute auch nicht. Und das bedeutete in diesem Vermisstenfall nichts Gutes. Ingeborg saß am Küchentisch und schälte Kartoffeln.


Da fiel seinen Blick auf die Küchenuhr und er legte seine Hand auf den Bauch: Trügte ihn sein Hungergefühl?? War es wirklich erst 11:00 Uhr? Er spitzte die Ohren, hörte die Kirchturmuhr im Ort schlagen und zählte mit. Es war schon 12:00 Uhr!


Als Ingeborg seinen ungläubigen Blick zur Küchenuhr bemerkte, lief sie rot an. Mist, das hatte sie vergessen.

"Ingeborg, Du bist vorläufig festgenommen wegen Verdacht des Mordes an Piet. Du hast die Uhr verstellt und ihn ins Watt geschickt, als klar war, dass er es nicht rechtzeitig zurück schaffen konnte und er von der Flut geholt werden würde." kombinierte Paulsen und es lief ihm kalt den Rücken herunter. Ingeborg senkte schuldbewusst den Kopf. Zuviel Wut ist nicht gut.

 
 
 

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