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Blaue Decken

  • tanja0563
  • 9. Nov. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Heute hat bei mir alles prima geklappt. Wegen fiesen Dauerregens habe ich Emilia und ihre beiden Freundinnen zur Schule chauffiert und bin danach direkt zur E-Ladestation in der Nähe des Krankenhauses gefahren. Während das Auto lud, bin ich -ohne Regen- zum Krankenhaus. Der Blutdruck war -etwas- niedriger und wie gestern versprochen bekam ich zur Entschädigung für die Aufregung gestern einen Kaffee zum 4-Infusions-Flaschen-Menü.


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In dem kleinen Therapieraum haben nur vier Patienten Platz und oft wird es da recht gemütlich. Als ich reinkam, hatten alle drei Damen die dunkelblauen Pannesamt-Imitat-Fleecedecken über sich ausgebreitet. Weisst Du, was für Decken ich meine? So mitternachtsblau, fast königlich. Also habe ich mir auch so eine Decke geschnappt und es mir bequem gemacht.


Weil ich so "schlechte" (=zarte) Venen habe, bekomme ich den Zugang meist in die Hand- und als alles lief eben auch den Kaffee von Schwester Christine in die andere Hand. Es war ihr aber zu doof, nur mir einen Kaffee zu machen, also fragte sie auch die anderen und es kam fast Café-Atmosphäre auf ("mit Milch? Mit Zucker?"). Richtig nett. Natürlich wurde betont, dass diese Sonderbehandlung mir zu verdanken sei und das Malheur mit der falschen Bestellung gestern schien in aller Munde zu sein.


Eine der drei Damen blieb eher unbeteiligt. Irgendwann kam die Ärztin rein und wollte offensichtlich mit dieser Dame sprechen. Da kramte die ihr Handy raus, schaltete den Google-Translator ein und die Ärztin sprach die nächsten Schritte und Anweisungen in das Handy: die Dame konnte das dann übersetzt ablesen und nickte zum Zeichen des Verstehens. Krass oder, was mit der neuen Technik alles möglich ist!!? Aber natürlich hat das auch Grenzen- an unserem netten Kaffeeklatsch konnte die Dame halt leider trotzdem nicht teilhaben.


Manchmal ist so ein Gespräch während der Therapie wie eine Selbsthilfe-Runde. Gut tut es, wenn man sich positiv bestärkt. Die eine verdrückte ein Tränchen als sie von ihrem Ziel berichtete, im Februar beim 200.Geburtstag vom Karneval in Beuel dabei zu sein. Die andere sprach uns aus der Seele als sie meinte "Mir geht es ja total gut. Ich hab halt bloß Krebs".


Die Runde löste sich irgendwann unter vielen guten Wünschen auf und eine andere Dame kam stattdessen. Hohe schwarze Lederstiefel, schick gekleidet, stark geschminkt, eine große Birkenstock-Tasche voller -wie sich später zeigte- Proviant neben sich abstellend. Solange noch die andere Patienten im Raum waren, war sie sehr still und wirkte fast arrogant. Sobald wir beide alleine waren, war sie kaum zu halten und erzählte mir ihre ganze Geschichte. Sie war dabei so in ihrer Blase, dass ihr wohl gar nicht auffiel, wie ich zusammenzuckte, als sie erzählte, wie unglaublich erleichtert sie sei, dass ihre Darmtumore so lagen, dass ihr ein künstlicher Darmausgang erspart geblieben sei. Ich meinte dann zwar leise -mein Stoma tätschelnd- "kenn ich, hab ich", aber ich glaube, sie hat es nicht kapiert, denn sie führte weiter aus, sowas wäre gerade für eine Frau ja völlig inakzeptabel. Tja, dankeschön Miss schwarze Stiefel. Aber egal- ich bin in erster Linie ein MENSCH, und dank Stoma noch lebendig. Und bei Durchfall ist das sogar ziemlich praktisch.


Ich habe es jedenfalls gut überlebt und merke auch jetzt noch nichts. Es klappt, dass ich statt Mittagsschlaf am frühen Nachmittag raus gehe und freu mich dann auf den kuscheligen Vorabend. Und den neuen Tag morgen : )


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