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Überdosis

  • tanja0563
  • 11. Dez. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Dez. 2024

Am Tag vor der Dreimonats-Kontrolle bin ich gern besonders aktiv, um mich abzulenken. Morgens geht's um 9 Uhr zuerst ins Vorzimmer von Prof. Ko. Dort bekomme ich meinen Laufzettel. Dann in die Onkoambulanz, wo mir Blut abgenommen und ein Zugang für das Kontrastmittel im MRT gelegt wird. Das Blut bringe ich dann ins "Labor". Das ist ein Türchen oder eher Schränkchen in der Wand am Ende eines Gangs, durch das auf der Rückseite die Mitarbeitenden des Labors die Blutröhrchen einsammeln und untersuchen. Man stellt seinen Becher mit Röhrchen also in dieses Wandschränkchen und fertig.


Weiter geht es dann in die Röntgenabteilung, wo meine Lunge geröngt wird. Vorher muss ich aber verschiedene Zettel unterschreiben. Der jungen Dame mit den dunklen Locken an der Rezeption ist es schon fast peinlich, dass sich mich immer wieder auch die Bestätigung ausfüllen lassen muss, dass ich nicht schwanger bin. Meine Gebärmutter wurde 2014 entfernt, die Eierstöcke aus dem Bestrahlungsfeld "verlegt" aber sie sind trotzdem außer Betrieb. Sicherer kann man eine Schwangerschaft wohl nicht ausschließen. Egal, ist ja nicht gegen mich gemeint und mitlerweile tut es auch nicht mehr weh. Für mich ist soviel von Mama's Geist in meine Erstgeborene gewandert, dass ich sowieso keine weiteren Kinder gewollt hätte. Mehr Kinder wären auch schwer mit meiner Karriere bei der WHO vereinbar gewesen...


Nach dem Röntgen der Lunge von hinten und von der Seite (halbnackt und im Stehen, was mir gerade nicht so leicht fällt) kann ich mich wieder anziehen, was mit dem Zugang im Arm oder in der Hand auch gar nicht so banal ist. Apropos Outfit: an einem Tag wie morgen achte ich darauf weitestgehend "metallfrei" gekleidet zu sein. Dann muss ich zumindest beim MRT nichts ausziehen. Für das MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie) geht es ins zweite Untergeschoss. Dort im tiefen Keller finde ich es schonmal fies. Es soll wohl nett aussehen, dass dort alles in kräftigem Orange ausgeleuchtet ist. Den Gang rechts runter muss man klingeln und dann wird man eingelassen in die MRT-Praxis.


Es dort alles eng und beklemmend. Die Türen gehen schwer auf, es zieht überall, weil durch eine starke Belüftungsanlage der trotzdem präsente Kellergeruch bekämpft werden soll. Auch hier muss ich wieder Zettel ausfüllen und im Wartezimmer warten, dann darf ich in die Kabine- wo ich aber wenig zu tun habe, weil ich ja metallfrei angezogen bin. Um mit die Zeit zu vertreiben, nehme ich stehts mein Lesefutter mit und versuche, so oft es geht, in die Parallelwelt im Buch abzutauchen. Dann geht's in den Raum, wo das MRT Gerät steht. Ich muss da auf die Liege klettern, mein Zugang wird angestöpselt an die Kontrastmittelpumpe, ich bekomme so ein Atemkontroll-Ding auf den Oberbauch gelegt, darüber eine Platte, wenn die MTA nett ist, wird mir noch eine Decke angeboten. Einen Notfallknopf in die Hand gedrückt, dann die Kopfhörer auf und ab geht's in die Röhre. MRT ist nämlich das Ding, wo so fürcherlich laute Klopfgeräusche den Puls in die Höhe treiben, ohne dass man es ändern könnte.


Ich versuche dann immer, nicht zu atmen, wenn es "klopft". Aber selbst wenn vorher angekündigt wirde, dass der nächste Scan 30 Sekunden dauert, ist es schwer, die Luft so lange anzuhalten, weil der durchringende Klopfkrach mein Herz so wummern lässt, das kann ich gar nicht beeinflussen. Manchmal werden Atemkommandos gegeben: "Bitte einatmen. Ausatmen und nicht mehr atmen. (...) Sie können weiteratmen." Bei den Scans, die 4 Minuten dauern, kann ich versuchen, im Rhthmus des Scans zu atmen. Das geht so: tock tock tock tocktock (Pause, ich atme) tocktocktocktocktock (Pause, ich atme) ohne dass ich ständig diese Bandansage hören muss. Gegen Ende wird mir das Kontrastmittel gespritzt. Das Ganze dauert fast eine Dreiviertelstunde. Irgendwie bin ich danach "durch". Der Krach und irgendwie verspannt man sich da in der Röhre auch. Das lange Stillliegen ist mit meinem schrotten Rücken nochmal besonders mühsam. Ich denke, ich werde vorher eine "Scheißegal"- Tablette nehmen.


Mit der Tablette intus, ist dann auch die Wartezeit auf dem Flur vor dem Zimmer von Prof. Ko leichter zu ertragen. Es ist aber auf jeden Fall besser, gar nicht erst mit dem Radiologen zu sprechen, sondern direkt mit Prof. Ko. Denn wenn es einen nicht so schönen Befund geben würde, würde der Radiologe einem dem dort im zweiten Kellergeschoss halt um die Ohren hauen. Punkt. Und das ist überhaupt kein guter Moment. Wenn ich mir den Befund aber erst von Prof. Ko mitteilen lasse, greift der im Zweifelsfall direkt zum Telefon und ruft einen Kollegen an, um kurzfristig einen Termin für nächste Schritte zu bekommen. Jedenfalls hat der ja auch die Gesamtübersicht, meine Blutwerte, meinen Verlauf ect. Man verlässt sein Büro immer mit einer Strategie. Oder mit einem breiten Grinsen und einem dicken Stein, der einem vom Herzen gefallen ist....


Puh, jetzt hab ich das aber mal echt im Detail erzählt, was ich mich morgen Vormittag erwartet....wichtig ist das gute Buch und das Abtauchen können in eine Parallelwelt. Gerade lese ich "Kleine Dinge wie diese" von Claire Keegan. Das hab ich allerdings fast durch.....sicherstellen dass ich noch was anderers Gutes auf dem Kindle habe, ist morgen früh das Wichtigste! Ah, schön frühstücken möchte ich auch. Ich brauche nämlich glücklicherweise nicht nüchtern im Krankenhaus aufzuschlagen. Sowohl für die Blutwerte als auch für des MRT scheint es egal zu sein- für meinen körperlichen und seelischen Zustand ist "nicht nüchtern" deutlich besser. Nicht zuletzt wegen der Scheißegal-Tablette möchte ich mit dem Fahrrad fahren.


Der heutige Blog-Titel "Überdosis" bezieht sich auf das Hydrocortison. Davon nehme ich ja je nach dem soviel, wieviel Stress ich habe. Heute habe ich den Tag randvoll gepackt um mich gut abzulenken und entsprechend viel Hydrocortison genommen. Und bin darum nun noch hellwach. Um 7.30 bin ich nach Euskirchen gefahren, um Roberto von der Werkstatt abzuholen, danach Einkaufen und Laden (und 2. Frühstück), dann der Besuch des Arp-Museums und Restaurant in Rolandseck mit Maura. Es war sehr schön. Danach bin ich mit dem Rollator und Edo nochmal zum ALDI und zurück spaziert, dann gab's ein Päuschen (!) zuhause bevor ich Emilia mit DM-Schlenker zum Italienisch gebracht habe und vor da zur ILCO Weihnachtsfeier.


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Wir waren eine schöne Runde von 14 Leuten in der Cateteria der Ex-Janker-Klinik. Da habe ich die Geschichte mit den Vier Kerzen (Du erinnerst Dich?) vorgelesen und sechs Adventslieder mit der Gitarre begleitet. Für das Buffet habe ich nur einen Sack Mandarinchen mitgebracht- aber es gab trotzdem genug zu Essen. Wie jedes Jahr war es wunderschön, weil Frauke Wollenweber (84) es einfach total raus hat, die Stimmung zu gestalten. Ihr Mann Klaus brachte sogar wieder heißen Punsch und Glühwein. Und die Teilnehmer sind halt schon auch alles Menschen, die ich mittlerweile seit 8 Jahren kenne, die alle was auf dem Kasten aber auch schon viel mitgemacht haben.


Dass zwischendruch ein Krankenhaus-Insasse an den Kaffee-Automaten wollte, hat eine interessante Situation geschaffen. Ihm war wohl der Kehlkopf entfernt worden, er konnte nicht sprechen aber seine Atemprobleme waren sehr hörbar. Wir haben ihm zunächst erklärt, dass der Automat gerade außer Betrieb ist (weil wir immer die Stecker von diesen lauten Geräten ziehen). Er war aber ähnlich unmobil wie ich und setzte sich darum zum Warten in die Ecke. Das tat mir dann irgendwie leid, ich hab das Gerät eingestöpselt, ihm Bescheid gesagt und ihm schließlich geholfen, de Cappucchino zu ziehen. Stecker wieder raus - aber damit war es nicht erledigt. Der stumme, röchelnde Mann setzte sich wieder in die Ecke und erfreute sich unserer Gesellschaft und unseres Gesangs.....und schlürfte sein Heißgetränk. Uffa- da musste ich endlich mal alle weihnachtlichen Charakterzüge auspacken und häßliche Gedanken zudecken mit Mitleid, Nachsicht, Langmut......ich versuche das so zu lassen : )







 
 
 

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