Nervennahrung
- tanja0563
- 26. März
- 4 Min. Lesezeit
Dass ich meinem Schoko-Vorrat jetzt schon so zuleibe Rücken muss, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Aber Krankenhaus scheint wie deutsche Bahn zu sein. Die Fantasie reicht einfach nicht aus, sich vorzustellen, was alles schief gehen kann.
Wenn man nach so einer Reise am Ende doch heil angekommen ist, erscheint zumindest mir das Ausfüllen der Reklamation meist so umständlich und unnötig. Und so fällt es mir analog fast schwer, die morgendliche Odyssee in Worte zu fassen, denn glücklicherweise ist am Ende alles gut gegangen. Ich will es trotzdem versuchen und teilen:
Wir standen um 8.30 wie einbestellt in der Ambulanz der Wirbelsäulen-Chirurgie in Mechernich. Dort bekamen wir mit 9.10 eine neue Uhrzeit für das MRT und die Info "Sie können dann jetzt auch schon auf Station". Sie erklärte uns den Weg, ich merkte mir vor allem "Verbindung vom Neubau zum Altbau" und "Station Barbara".
Bis zur Station Barbara sind wir gekommen, da haben wir verschnauft und dann nochmal gefragt und wurden beherzt und überzeugt zur Aufnahmestation geschickt. Ziemlich zurück auf Los. Die Dame da hatte leider ganz offensichtlich gar keine Ahnung von nichts, aber ihren hilflosen Ausführungen konnte man zumindest entnehmen, dass die Wirbelsäulenstation HINTER der Station Barbara liegt.
Also wieder Kommando zurück, durch die Station Barbara durch (wo Roberto schon anfing, mit dem Pflegepersonal zu diskutieren) und auf der dann erreichten Wirbelsäulenstation trafen wir immerhin direkt auf den Stations-Verantwortlichen Pfleger. Das schien ein patenter Typ und der Name Wassong kann eiflerischer nicht sein.
Er konnte auch mit meinem Namen etwas anfangen und wurde ganz zerknirscht: es ist alles überfüllt und das Zimmer ist noch nicht fertig, wobei wir nicht von Zimmer sprechen, sondern von "Einschiebe-Bett". Also wenn ich vom MRT zurück sei, dann sei meine Bettstelle im 4-Bett-Zimmer bezugsfertig, da könne ich mich dann zumindest hinlegen. Auf die Frage, wie lange dieser Zustand so bleibe, druckste er so herum, dass die Deutung klar war: abgesehen von der Zeit auf der Intensivstation muss die 4-Bett-Haltung wohl Standard sein.
Herr Wassong begleitete uns -nun immerhin ohne Koffer- noch Richtung Aufzüge und fing unser unprofessionelles Entsetzen (ich hab geheult, Roberto war auf 180) sehr professionell auf ("Ich hätte auch keine Lust auf ein 4er Zimmer") und er bestand darauf, dass ich mich mit Rollstuhl vom MRT abholen lasse.
Beim Warten aufs MRT, welches nicht soo schnell über die Bühne geht, hab ich erstmal meinen lieben Mann nach Hause geschickt. Ich wusste, dass er im Anschluss noch Termine hat und er tigerte da so nervös im Wartebereich auf und ab, dass es mir für die anderen Patienten leid tat. Aber er ist echt mein Held. Es ist so besonders, wie er sich für mich stark machen will.
Das Gespräch mit dem Radiologen vor dem MRT war für mich unerwartet und die fast liebevoll gestellte Frage "Und, was ist ihre Geschichte?" löste ein Potpourri aus möglichen Antworten und Gefühlen aus. Das ihm vorliegende CT war jedenfalls von einer anderen Frau mit gleichem Namen aber anderen Geburtsdatum. Gut, dass wir das geklärt haben. Ich habe dann auch nochmal Energie investiert, das mit dem herunterladen der Aufnahmen aus Bonn zu erklären und den MAP-Code weitergegeben und die Internet-Adresse. Ich habe den Eindruck, dass es am Ende geklappt hat. Das frische MRT wurde dann auch noch gemacht.
Der nette Radiologe kam dann nochmal und musste mich sprechen: wieso haben Sie denn nicht gesagt, dass Sie Krebs haben!?! Der Arme hatte meine Knochenmetastasen in dem frischen MRT entdeckt und dachte zunächst, er hätte da einen schlimmen Fund gemacht. Ich habe ihn um Entschuldigung gebeten- ich weiß halt auch manchmal nicht mehr, wo ich anfangen soll.
Ich beauftragte den Abholservice mit Rollstuhl von der Wirbelsäulenstation und es kam im Laufschritt Herr Wassong. "Wo ist denn ihr Mann?" war seine erste Frage. Überrascht erklärte ich ihm, dass der arbeiten musste. "Also Sie sind ja 1-Bett versichert, das wusste ich ja gar nicht, das zeigt mir das System erst an, wenn Sie ihr Bett beziehen. Also dann leihen wir uns auf der Unfallstation eines der vier Einzelzimmer aus. Ihr Koffer ist schon da".
Er brachte mich in mein Zimmer. Scheissegal dass schön anders geht. Eine Tür, 2 Fenster, ein Bad mit Fenster, ein Bett- reicht doch. Hauptsache keine 3 Mitbewohner! Vielleicht muss ich mir über mein Faible fürs Alleinsein Gedanken machen? Vielleicht auch nicht. Es ist alles eine Frage der Dosierung......
Internet, Telefon, Radio und TV hab ich nun auch. Mittagessen hab ich bekommen und mein Nickerchen und gerade hab ich nach dem OP-Termin gefragt, nur so zur Sicherheit. Um 8.20 ist es morgen soweit.
Und morgen gibt es KEINEN Blogeintrag! Also bitte nicht wundern!! Ob ich es Freitag schaffe, will ich auch nicht versprechen- aber hier ein Lebenszeichen geben, gehört zu den ersten Dingen, wenn ich mein Handy wiederbekomme.
Gut dass ich am Vortag einchecken konnte. Die Aufregung heute Morgen hat mich echt geschafft. Vielleicht schmunzelst Du darüber, weil Du Dich tagtäglich über ganz anderes aufregen musst.
Aber WDR4 auf den Ohren, die gerade mal wieder das "cricket theme", die Erkennungsmelodie von Miami Vice spielen, das liebe ich. Mich erinnert es am Walkman auf den Ohren und die lange Autofahrt nach Yugoslawien 1988 (?) . Alles besser als Bahnfahren . Nein, Quatsch, ich hab ja auch eine BahnCard. Man darf halt die Hoffnung nicht aufgeben.


Das ist das "hohe Venn" in der Eifel, da möchte ich auch gern noch hin. Morgen werden dafür die Voraussetzungen geschaffen!




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