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Eine Geschichte

  • tanja0563
  • 9. Dez. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Sport, Obi, Mittagessen mit Christian im Wissenschaftszentrum, ein Spaziergang mit Edo und mit dem Rollator zur U-Bahnhaltestelle und die Fahrt mit der Linie 16 nach Bad Godesberg für einen Termin bei Fielmann. Drahtesel (der Fahrradladen, wo ich mal einen Inspektionstermin für Emilia`s Rad machen wollte) und Bücherei haben montags geschlossen.


Geschlossen waren auch die Schranken und um zum Aufzug für den barrierefreien Zugang zu kommen, habe ich gefühlt eine Viertelstunde gewartet. Dass ich für die fünf Minuten Fahrt mit der U-Bahn insgesamt 4,80€ mit der App gezahlt habe, finde ich zwar zum Schlucken, aber naja. Aber wie es überall stinkt, in den Aufzügen, an den Gleisen, sogar die Menschen in der Bahn, das ist doch echt eklig!! Zum Doppelkopf bin ich später mit dem Auto gefahren. Und hatte ein weniger schlechtes Gewissen als manch anderes Mal.


Doppelkopf war sehr nett. Wir waren zu neunt, haben nach einer Stunde Spiel in zwei Gruppen die Spielerkombination neu gemischt (Gewinner zusammen und Verlierer zusammen) und nach einer weiteren Stunde wurde der Endpunktestand berechnet und die mitgebrachten und im Sack zwischengelagerten Wichtelgeschenke kamen auf den Tisch. Dem Punktestand entsprechend wurden der Reihe nach die Geschenke ausgewählt und beim Aupacken haben sich alle gefreut.


Heute habe ich auch für Dich ein kleines "Geschenk": In meinem Adventskalender war Samstag eine Geschichte, die mich sehr berührt hat:


Sag mir, wie Du Weihnachten feierst

Meine Mutter wollte immer, dass wir wenigstens an Weihnachten Zusammenhalt beweisen. Aber schon der gemeinsame Abgang zur Kirche wollte nicht klappen. Am Ende saßen wir alle in verschiedenen Bänken. Meine alte Tante saß bei den Schwerhörigen in der ersten Reihe, meine vielen Brüder, wenn sie überhaupt dabei waren, standen irgendwo ganz hinten an der Wand und meine Mutter setzte sich etwas aufgelöst und hektisch mit mir an der Hand dorthin, wo es eben noch einen Platz gab. Nur mein Vater nahm seinen angestammten Platz auf der Kanzel ein, wie jedes Jahr.


Jedes Jahr waren wir keine geschlossene Familie. Und jedes Jahr wünschte sich meine Mutter eine. Nein, ich wünschte sie mir, denn da pochte diese sehnsüchtige Erinnerung in mir an den Weihnachtsglanz, als ich ein kleines Kind war und Weihnachten noch einen Schatten kannte.


Damals dachte ich noch, später machst du es besser. Als meine Kinder ganz klein waren, da versuchte ich es noch. Mein Mann und ich luden für die ersten Abendstunden meine Freundin Kristin mit ihrer kleinen Tochter Carla ein. Ihr Mann musste derweil mit seiner ersten Frau und seinen schon größeren Kindern feiern. Mir tat Kristin leid, die klaglos akzeptierte, dass die erste Familie an diesem Abend Priorität genoss, weil das Alte, Überkommene am Heiligen Abend scheinbar immer Vorrang hat. Außerdem war ich es gewohnt, dass man immer jemanden einlädt, der sonst alleine wäre. Ich täuschte mich auch darüber hinweg, dass in meiner kleinen Familie auch schon Zentrifugalkräfte am Werk waren. Als mein Mann auszog und mit seiner Freundin feierte, entging meine ältere Tochter im ersten Jahr der Entscheidung, bei wem sie feiern wollte. Sie fuhr zu den Großeltern. Mit meiner kleinen Tochter fand ich Weihnachtsasyl bei Freunden.


In den Jahren danach drehte sich der Wind. Mein Mann war zwar nicht mehr da, aber dafür hatte sich Kristins Mann Thomas für seine zweite Familie entschieden und feierte mit uns und den Mädchen. Er gab den Josef. Wir zwei Marien sangen mit drei Mädchen und unsere zwei Kätzchen holten die Glaskugeln vom Christbaum. Ein ausbalanciertes Idyll. Wir feierten abwechselnd ein Jahr bei mir, ein Jahr bei ihnen.


Letztes Jahr war alles anders, meine Kinder feierten bei ihrem Vater und ich ging allein in die Kirche. Ich überlegte mir lange, welchen Platz ich wählen sollte. Dort hinten bei den Brüdern? In der ersten Reihe bei der toten, schwerhörigen Tante? An der Hand meiner toten Mutter, auf der Seitenempore? Auf die Kanzel zu meinen toten Vater durfte ich nicht. Aber sie waren alle da und ich hatte plötzlich Frieden geschlossen mit den Zentrifugalkräften in meinen Familien. Ich spannte Sehnsuchtsfäden durch die Kirche und dachte an den Stall, in dem auch keine perfekte Familie zusammenstand - war nicht die "Heilige Familie" auch schon eine Patchwork-Familie?



ree







 
 
 

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