"Alles in bester Ordnung"
- tanja0563
- 25. Apr. 2024
- 4 Min. Lesezeit

Der Film gestern auf ARTE mit Corinna Harfouch und Joachim Kròl war sehr sehenswert. Zart und leise und irgendwie so verfahren und dann brechen ganz vorsichtig oder auch ganz gewaltig die Möglichkeiten des Menschlichen auf.... https://www.arte.tv/de/videos/087848-000-A/alles-in-bester-ordnung/
Die Guck-Bedingungen sind hier zwar supoptimal, ich kann ja nicht auf Pause drücken wenn der Nachtdienst "Hallo" sagt oder Zurückspulen wenn ich kurz anderweitig beschäftigt bin und so habe ich manche Wendung leider verpasst. Dennoch- eine absolute Empfehlung, auch weil diese Art, diese Stille, so gut in die Zeit passt. Finde ich.
Ich ertappte mich heute dabei wie ich Ellen (die hatte parallel geschaut!) fragte "und, was ist Dein Highlight heute, auf was freust Du Dich?" Klar, kann man machen und wenn da Highlights sind ist es ja schön.
Aber es gibt ja eben auch ganz viele dieser eher wolkigen Tage, an denen man einfach seinen Job macht so gut man halt kann. In Pastellfarben oder Graubeige. Wo die Knaller sich nicht oder noch nicht in greif- und fühlbarer Ferne abzeichnen. Und ob man sie dann irgendwann erreicht oder doch noch was dazwischen kommt ist eigentlich irrelevant fürs JETZT, wo man sich vielleicht mal nicht beflügelt und strahlend fühlt sondern einem eher ein "was soll das alles- ich dreh mich wieder rum" durch den Kopf geht.
Das sind so Tage, wo ich mich dann schnell als "schlecht gelaunt" bezeichne und mich mit dem Makro-Blick auf das Kleine, Schöne, Liebe zu "trösten" versuche. Das Frühstück, ein inspirierender Austausch, das schöne Hörbuch....
Dazu passt, dass mein linkes Bein und genaugenommen auch die über dem Bein liegende Gegend sich nicht besser anfühlt als gestern Mittag. Bei langsamen Prozessen ist es halt normal, dass man irgendwann den Fortschritt nicht sieht, wenn man draufstarrt. Das Gras wächst nicht, wenn man dran zieht, es braucht nun Geduld. Aber so wie es sich jetzt für mich ganz subjektiv anfühlt, reden wir nicht über 2-3 Wochen. Sondern deutlich länger. Und in den Gesichtern derer, die ich damit konfrontiere, lese ich "tja- aber ist doch ok" und nicht etwa "QUAATSCH".....
Als ich dann testweise mit dem prötteligen Rollator, der mir hier vorübergehend auf dem Weg zum Klo Autonomie schenkt, einen Kaffee holen gegangen bin, schoss mir die Einsicht in den Kopf und die Tränen in die Augen: wenn ich hier morgen rauswill, dann brauche ich dafür einen Rollator. Sonst lege ich mich bei nächster Gelegenheit auf die Nase und alles wird nur noch schlimmer.
Also habe ich die Online-Shopping-Tour von gestern fortgesetzt, mich informiert und mir ein neues Ziel gesetzt: der Mercedes unter den Rollatoren! Wozu hab ich denn so eine tolle Krankenversicherung? Wenn schon, denn schon: klotzen nicht kleckern! Das Motto erwies sich doch auch bei Hund und Auto als das zu mir persönlich besser passende. Und vielleicht erklärt das auch mein Faible für meinen tollen, speziellen Mann?! Sowas muss man/Frau sich halt auch erstmal leisten können!
Viele Worte, Zettel, emails, Telefonate, Heimittelverordnungen später bin ich zuversichtlich dass er morgen hier steht: der Trionic Veloped Sport!

Ja, der ist eben nicht nur für den Weg vom Bett zum Klo. Denn mir scheint, es ist nicht unklug mir diesen Begleiter etwas länger zur Seite zu stellen, für mehr Autonomie und Sicherheit.
Klar wird das erstmal komisch....mit so einem Gerät bin ich sichtbar behindert. Bislang konnte ich ja noch alles gut verstecken. Aber vielleicht ist das auch richtig so. Alles in bester Ordnung.
Und was musikalisch ganz toll dazu passt ist das Portrait der Band "Juli" um Eva Briedel und ihre Band aus Gießen. "Die perfekte Welle" und "Geile Zeit" und viele andere Ohrwürmer mit klugen Texten haben für mich die Zeit vor 20 Jahren geprägt und ich hör ja auch jetzt gern die ollen Kamellen die ich schon kenne.
Vor ziemlich genau einem Jahr kam dann offiziell (Hören konnte man es schon November 2022) mal wieder ein neues Album raus "Der Sommer ist vorbei". Ja, durchaus etwas melancholischer...."mit dem Fahrrad durch die Nacht", "traurige Lieder", "Ich wollt Dich nur erinnern dass wir glücklich waren, in unseren fetten wilden Jahren"....ja, durchaus ein Album zum Tränendrüse spülen für mich. Tut aber auch mal gut!!!!
In Kombi mit der Doku wird es dann soooo schön!! Aber unbedingt die lange Doku (65 min), die Dienstag auf VOX kam! Ich sah sie tatsächlich analog und finde das jetzt leider auch noch nicht wirklich in einer Mediathek.
Aber ich zog daraus sehr ein Gefühl davon, dass der Sommer, das Pralle unseres Lebens halt wirklich irgendwann vorbei geht. Nicht spurlos, wir nehmen davon etwas mit in unseren Herbst und Winter. Es ist trotzdem alles in bester Ordnung. Es kommen Falten, Krankheiten, Abschiede - es bleibt ein Hunger auf Aprikosen, Lust auf Leben und Menschlichkeit- aber eben auch in molligeren Zwischentönen, wolkigen Tagen. Das ist auch ok! Wem sag ich das.....
Umso schöner dann zu sehen, dass über die Jahre Dinge wachsen konnten. Eine lange Beziehung dann einfach trägt, man sich in Gedanken nah sein kann auch wenn es keine tollen Sensationen gibt. Sondern halt einen Rollator. Aber was für einen! ; )





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