12. Veränderung und Wandel
- tanja0563
- vor 3 Tagen
- 4 Min. Lesezeit

Chamäleon und Wandelröschen sind Vertreter aus der Tier- und Pflanzenwelt, die Karl zum Thema „Wandel/Veränderung“ einfallen. Er soll zu dem Thema einen Aufsatz schreiben und hat dabei alle Freiheiten. Er sammelt erstmal Ideen. Am spannendsten findet er die Tatsache, dass der Mensch von heute so gegensätzliche Fähigkeiten in Bezug auf Veränderungen hat. Einerseits ist er fähig, Persistenz, Kontinuität und Routine zu leben und wertzuschätzen. Und andererseits hat Mensch -heutzutage! hier!- viel Freiheit und kann verändern, gestalten, und gehen, wenn es nicht mehr geht und ist fähig seinen Lebenswandel ändern!
Diese gegensätzlichen Fähigkeiten könnte man sich auf einer Skala vorstellen. Die Extreme sind rechts das Konservative, das „Bleiben“, die Routine und links die Freiheit, die Veränderung, das „Weitergehen“.
Nicht alle Menschen können beides gleichgut. Manche essen immer die gleiche Eissorte, die ihnen gut schmeckt. Andere sind neugierig und probieren auch „salziges Karamell“. Und viele sind irgendwo in der Mitte der Skala oder sind heute mehr so, morgen mehr so. Erfahrungen, Traumata, Alter und Krankheit sorgen oft für Ausschläge in die eine oder andere Richtung.
Karl versucht, an konkrete Beispiele in seinem Umfeld zu denken.
Den Morgenmantel vom Bad ins Schlafzimmer umzuziehen, weil wegen künstlicher Ausgänge das Bad morgens gar nicht mehr das erste Ziel ist, ist eine relativ einfache Änderung, erinnert sich Karl an seine Tante Tilda. Wobei- sicherlich hat sie an der neuen Situation auch zu knabbern.
Wenn Onkel Herbert mit dem kaputten Rücken ihm erzählt, dass er Physiotherapie in erster Linie nicht macht, damit er fitter wird. Sondern damit er zumindest nur langsamer unfitter wird als ohne Physio. Dieser Sinneswandel klingt so logisch und abgeklärt- aber bestimmt ist er auch noch manchmal traurig, dass Bewegung nicht mehr sein Lebenselexier sein kann.
Oder die vielgefragte Renate, die kinderlos und vogelfrei durch die Welt tingelt. Ob sie nicht doch Momente hat, in denen sie sich danach sehnt, dass da jemand ist, der in einem zuhause auf sie wartet?
Karl kräuselt die Stirn. Je mehr er darüber nachdenkt, desto mehr Beispiele für Wandel und Veränderungen fallen ihm ein: die körperlichen Veränderungen im Laufe des Lebens, der neue Job in der neuen Stadt, der Umzug in die neue Wohnung, die neue Beziehung, Eltern werden, Kinder, die in Kindergarten, Schule und aus dem Haus gehen, … wie kriegen die Menschen alles das hin?
Und was ist eigentlich mit gesellschaftlichem Wandel, demographischem Wandel, globalem Wandel, Klimawandel (man sagt nun Klimakrise weil Wandel zu positiv ist), … wie halten die Menschen das aus?
Karl erinnert sich vage an etwas, das er im Rahmen von Risikoforschung gelesen hat: es macht einen Unterschied, ob Menschen selbstgemachtem Wandel und gewählten Veränderungen ausgesetzt sind oder von außen hereinbrechenden Veränderungen. Ob Veränderungen schleichend oder schnell erfolgen, ändert auch, wie sie wirken.
Karl ist unzufrieden. Das ist doch alles nicht die Antwort auf die Frage, was Menschen hilft, zu erkennen, welcher Wandel und welche Veränderung gut und richtig ist und wann hingegen „Beharren an das Ende selig macht“! Karl schmunzelte, weil diese Wortwahl ihn entlarvt: In seinen Augen ist Veränderung und Wandel sehr oft eine Chance und als positive Entwicklung zu sehen. Vom Schmetterlingsei über Raupe, Puppe zum Schmetterling. Karl stöbert im Internet und findet über das Camäeleon folgendes:
Dient der Farbwechsel der Tarnung? Jein! Bis heute wird behauptet, dass Chamäleons die Farbe ihrer Umgebung annehmen, um sich zu tarnen. Sicherlich fällt es den Feinden schwerer, ein grünes Chamäleon auf einem grünen Blatt zu entdecken. Ihre Farbe ist aber von ihrer Stimmung abhängig. Wenn sie wütend sind, können sie sich im wahrsten Sinne des Wortes „schwarz ärgern“. Verliebte Chamäleons schillern in den buntesten Farben, um bei den Chamäleondamen Eindruck zu schinden. Ob ein Chamäleon krank ist, sieht man ebenfalls an der Hautfarbe: Es leuchtet nur blass.
Da fällt ihm sein blasser, nörgeliger Nachbar Norbert ein, der schon viel erdulden musste und immer sagt „kann nicht einfach alles so bleiben, wie es ist? Egal ob es sich um die Straßenreinigungsgebühr, die Grundsteuer, die TV-Frequenzen, oder die Anordnung der Lebensmittel im Supermarkt handelt.
Hängt die Fähigkeit zu Wandel und Veränderung mit Gefühlen und Stimmungen zusammen, so wie die Farbe der Chamäleons??
Karl raucht der Kopf. Er nimmt ein neues Blatt und zeichnet mit flinken Strichen ein buntes Chamäleon, das ein Wandelröschen im Mäulchen trägt, während es einen Berg erklimmt. Es sieht so einsam aus? Er malt ein paar Bäume in den Hintergrund, aber das hilft nicht wirklich. Erst als er weitere Chamäleons und andere Tiere im Bild platziert, wirkt die Sache ausgeglichen und rund.
Nun ist Karl zufrieden. Er schreibt endlich seinen Aufsatz über Wandel und Veränderung. Im Mittelpunkt seiner Erörterungen steht die Bedeutung eines starken ICHs mit ernst genommenen Gefühlen und Stimmungen, von Freundschaft und Gemeinschaft sowie der Gelassenheitsspruch:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Zu diesem Thema ist vom gestrigen Stichwortgeber ein schönes Buch mit überraschenden Kurzgeschichten erschienen: https://amzn.eu/d/dsSuWQL




Kommentare